Samstag, 18. Juli 2009

Über das Verfassen einer Bachelor Arbeit

Nachdem ich inzwischen fast 3 Jahre studiere möchte ich mit diesem Blog-Post einen kleinen Einblick in das Studium der Geschichte geben. Ich versuche das anhand meiner Bachelor-Abschlussarbeit ein wenig zu erläutern.

Wie dem Einen oder Anderen bekannt sein dürfte beschäftigt sich diese Arbeit mit der Hexenverfolgung in Köln und untersucht als Hauptthema den Konflikt zwischen Obrigkeit und Untertanen, da sich in Köln zu dieser Zeit eine sehr interessante Konstellation an Vorstellungen und Wünschen vollzogen hat, die sich in beiden Bevölkerungsgruppen sehr stark unterscheiden, aber auch im Lauf der Zeit wandeln.

Wie bin ich auf dieses Thema gekommen? Das ist nicht sonderlich leicht zu erklären: Erstmal besteht ein großes Interesse meinerseits an der Frühen Neuzeit (Diese umfasst ungefähr den Zeitraum von 1500-1750), welches ich vor allem durch die sehr gute Arbeit meines Dozenten Achim Landwehr erhalten habe. Zweitens stellt die Hexenverfolgung ein gutes Beispiel dar, wie sich Interessenskonflikte zwischen einzelnen Bevölkerungsteilen auf die Umstände des Zusammenlebens auswirken, eine Thematik, die mich schon immer interessiert hat. Die Hexenverfolgung in Köln zu untersuchen ist also eine Art mein persönliches Interesse in einer wissenschaftliche Arbeit zu untersuchen.

Wie funktioniert also dieses "untersuchen"? Grob gesagt, gibt es zwei Teile: Recherche und Anwendung des Recherchierten. Aktuell befinde ich mich in der Recherche, was nicht nur das endlose Stöbern in Bibliotheken und Akten bedeutet, sondern auch das Strukturieren und Kontextualisieren (also der Versuch das Gelesene in geeigneten Zusammenhängen zu erfassen. Ein Beispiel hierfür wäre die Frage: Was hat die Weltwirtschaftskrise mit der Machtergreifung der NSDAP zu tun?). Ich lese die Bücher nicht nur nach Fakten durch, die ich in meiner Arbeit anwenden kann, sondern auch mit der Frage, ob ich sie überhaupt anwenden kann. So kann es durchaus vorkommen, dass ich 10 Bücher finde, die vom Titel her passen könnten, aber nach dem Lesen von 20 Seiten feststellen muss, dass ich es überhaupt nicht verwenden kann. Das passiert durchaus häufig, sollte einen aber nicht entmutigen.

Diese Recherche macht den Hauptteil des Aufwandes für eine Arbeit aus. Mitunter kann sie bis zu 75% des Aufwandes ausmachen, was aber von Aufgabe zu Aufgabe unterschiedlich ist. Die Recherche umfasst aber auch die Strukturierung des Recherchierten. Ich habe also in meiner Arbeit festgestellt, dass es meiner Einteilung nach 4 verschiedene Gruppen in Köln zu dieser Zeit gab. Da haben wir die Obrigkeit ("Stadtadel" und Geistliche), die Untertanen, die Opfer und die Gegner der Verfolgung. Jede dieser 4 Gruppierungen hat einen gewissen Einfluss auf die Verfolgung, welcher näher festgestellt, aber auch dargestellt werden muss. Das werde ich vermutlich auf eine Recht einfache, aber gleichzeitig effektive Weise lösen, indem ich jeder Gruppe ein eigenes Kapitel widme, dort die Verhaltensweise darstelle und letztendlich in einem Abschlusskapitel diese Verhaltensweisen in einen Zusammenhang bringe. Diese Struktur ist noch nicht fest, schließlich befinde ich mich derzeit noch am Anfang meiner Recherche. Ich hoffe allerdings die Art und Weise, wie das Thema Einfluss auf die Struktur einer Arbeit hat ist deutlich geworden: Bei jeder wissenschaftlichen Arbeit die man verfasst ist es nötig sich eine neue Struktur zu überlegen.

Das eigentliche Schreiben der Arbeit ist deutlich kürzer vom Zeitaufwand her, aber nicht weniger schwierig, da ich es schaffen muss in dieser Phase, dass Recherchierte in einen Text zusammenzufassen, der sich an relativ strikte Rahmenbedingungen halten muss (Seitenzahl, Layout und wissenschaftliche Formalia wie z.B. Fußnoten). Häufig gelingt es mir nicht Recherche und Verfassen auseinander zu halten, weil sich während des Schreibens neue Gedanken und Fragen bilden können. Im Idealfall habe ich aber vor Beginn des Schreibens die Struktur feststehen und kann mich darauf konzentrieren diese einfach aufzuschreiben. So beginnt man mit einer Einleitung, in welcher man den Rahmen der Arbeit erläutert, also welcher Frage man folgt und was den Leser auf den nächsten Seiten erwartet. Es gibt noch Kleinigkeiten die dort erwähnt werden sollten, aber den Rahmen hier sprengen würden. Dem folgt der Hauptteil, in dem sich die eigentliche Arbeit befindet, also die oben genannte Struktur an der man das Recherchierte widergibt und am Ende das Fazit in dem man die noch einmal zusammenfasst, wie die Eingangs gestellte Frage beantwortet wurde und wo noch Anlass ist weiter zu arbeiten.

Nach meinen aktuellen Erwartungen befasse ich mich noch einen Monat mit der Recherche und dann einen weiteren Monat mit dem schriftlichen Teil. Am Ende stehen noch 2 Wochen für die Korrektur der Arbeit zur Verfügung, dem nervigsten Teil der wissenschaftlichen Arbeit. Hier liest man gefühlte 20 mal die eigene Arbeit durch und darf sich von Freunden und Verwandten anhören lassen, was alles unverständlich ist und demnach verbessert werden muss. Man muss sich hier auf umfassende Kritik einstellen und darf auf den letzten Metern, wo man die Arbeit einfach nur noch abgeben möchte, nicht das Handtuch werfen, weil es gerade hier um die Kleinigkeiten gehen kann, die eine gute von einer sehr guten Arbeit unterscheiden.

Ich hoffe ich habe gut darstellen können wie das wissenschaftliche Arbeiten in der Geschichte funktioniert. Es mag stressig und nervig klingen, mir macht es aber unglaublichen Spaß. Es ist einfach fantastisch zu sehen, wie sich die Überlegungen die man anstellt in eine funktionierende Umgebung gepackt werden und das Gefühl nach der Abgabe einer Arbeit, in die man einen nicht unerheblichen Teil seines Lebens gesteckt hat, ist einfach unvergleichlich. Ich freue mich jetzt schon auf das "Feierabend-Bier".

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ich wünsche Dir jedenfalls viel Erfolg bei der Arbeit. Du hast ja schon mal darüber geschrieben, dass Du dauernd die Frage gestellt bekommst, was Du eigentlich mit Geschichte willst, aber ich habe den Inhalt schon wieder vergessen (Du siehst, Recherche ist nicht meine Stärke ^^). Packst Du danach noch den Master an?
Das Thema Hexenverfolgung ist glaube ich wirklich ein spannendes Thema, ich würde beim Geschichtsstudium aber wohl schon an den Sprachen scheitern.

buzze hat gesagt…

Ach ja meine heimliche Liebe die Geschichte, hatte auch mal geliebäugelt mit so einem Studium, aber irgendwie wurde es doch nix :)

Aber trotzdem: Eine gute Zusammenfassung, was einem bei einer Bachelor (später auch bei der Masterarbeit) erwartet.

Ich hab das ganze zwar in der Kommunikationswissenschaft durchgeführt, aber es läuft ähnlich hab, außer dass ich noch eine kleine Interview-Part und eine Analyse eingearbeitet hab. Ein theoretischer und ein empirischer Teil also.

Der Theorie- und Methodikteil ist dabei der größte Aufwand. Bücher wälzen, zusammenfassen und dann zusammenschreiben. Macht Spaß, wenns ein interessantes Thema ist :)

Von der Grundstruktur arbeitet man in der Wissenschaft also immer gleich.

Ich hatte bei meiner Arbeit am Ende das Problem, dass ich zu wenig Leute hatte, die das mal Korrektur lesen konnten :) Also lesen schon, aber die haben nur gemeckert, dass sie nichts verstehen...